Patienteneinbindung: klinische Studien mithilfe von Mobilgeräten

So werden Patiententagebücher mit uMotif digital

Dies ist der dritte Teil unserer neuen Reihe zum Thema Patienteneinbindung, in der Experten von Lionbridge Life Sciences über die Entwicklungen in der Vergangenheit und die aktuelle Situation von Teilnehmern klinischer Studien sowie von Patienten im Gesundheitssystem sprechen. Jede Woche können Sie hier mehr von unserem Team lesen. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie uns Ihre Ideen mitteilen möchten.

uMotif ist eine mobile Plattform, auf der Patienten Symptome nachverfolgen und mit Forschern in Verbindung treten können. CEO Bruce Hellman hat mit Dan Herron darüber gesprochen, wie der probandenzentrierte Ansatz von uMotif zu besseren Ergebnissen für Patienten und Studiensponsoren gleichermaßen führt.

Dan: Wie sahen die Anfänge von uMotif aus?

Bruce: Mein Mitgründer und ich hatten 2012 die Idee, Menschen bei der Überwachung ihres Gesundheitszustands zu unterstützen, wobei sie die Daten täglich in einer App erfassen sollten. Wir überlegten, wie sich dies realisieren ließe, und stellten unsere Ideen schließlich zwei Parkinson-Patienten vor. Diese waren von unseren Vorschlägen begeistert, weil sie so einen wirklich fundierten Einblick in ihren langfristigen Gesundheitszustand erhalten würden.

Als wir uMotif gründeten, ging es uns zunächst darum, mit diesen Patienten zusammenzuarbeiten, um ihnen eine Möglichkeit zu bieten, Daten zu ihrem Gesundheitszustand nachzuverfolgen.

„Von Anfang an war das Ziel, Patienten durch Datenerfassung einen besseren Einblick in ihre Gesundheit zu ermöglichen.“

Dabei hatten wir zu Beginn ausschließlich die Patienten im Blick. Als wir dann von den Patienten hörten, dass sie diese Daten gern an ihre Ärzte weitergeben würden, haben wir ein Webportal für klinisches Personal entwickelt. In der Folge widmeten wir uns ungefähr fünf Jahre lang dem Bereich Gesundheitswesen. Erst in den letzten Jahren ist uns bewusst geworden, dass wir auch erheblich zur Datenerfassung für wissenschaftliche Forschungen beitragen könnten.

D: Wie ist Ihnen der Übergang zum Studien- und Forschungsbereich gelungen?

B: Vor vier Jahren haben wir all unsere Erfahrungen aus den Jahren der direkten Zusammenarbeit mit Patienten und Ärzten gebündelt und uns der Forschung zugewendet. Jetzt konzentrieren wir uns voll und ganz darauf, Patienten zu gewinnen, die ihre Daten Forschungsstudien zur Verfügung stellen. Das Wichtigste ist hierbei, Patienten, medizinischem Fachpersonal und anderen Beteiligten eine benutzerfreundliche Umgebung zu bieten.

 

D: Ihr Design ist sehr bunt und verspielt. Warum haben Sie sich für diese Aufmachung entschieden?

B: Von Anfang an haben wir darauf geachtet, was für die Menschen ansprechend, motivierend und benutzerfreundlich ist.

Wir haben uns davon inspirieren lassen, wie große Unternehmen – Facebook, Tiktok, Instagram – attraktive und unterhaltsame Umgebungen schaffen. Wir kombinieren diese verbraucherorientierten Informationen mit den Anforderungen der Forschungsbranche, in der Daten auf solide, validierte Weise erfasst werden müssen.

„Durch diese Kombination können wir sowohl das Erlebnis für Patienten verbessern als auch große Mengen an hochwertigen Daten erfassen.“

In unserer Plattform gibt es jetzt verschiedene Möglichkeiten, Funktionen und Widgets für eine einfachere Dateneingabe. Hierzu gehören sowohl die validierten Daten für klinische Studien als auch ausführlichere Zusatzinformationen.

D: Welche Arten von Studien sind mit uMotif möglich?

B: Wir unterstützen sowohl eher herkömmliche Studien mit Studienzentren als auch äußerst umfangreiche dezentrale oder virtuelle Studien.

Zu den größeren gehörte eine Studie mit 13.000 Teilnehmern, in der wir Wetterdaten und Informationen zu den chronischen Schmerzen von Patienten erfassten. Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen dem Wetter und Schmerzsymptomen festgestellt. Die Ergebnisse wurden letztes Jahr in „Nature“ veröffentlicht. An dieser Studie nahmen Tausende von Menschen mit ihren eigenen Geräten teil und es wurden enorme Datenmengen erfasst.

Auf der anderen Seite haben wir eine kleinere klinische Studie unterstützt, in der jedem Patienten ein Gerät für die Dateneingabe zur Verfügung gestellt wurde.

 

D: Inwiefern haben sich die Anforderungen an das Team von uMotif durch COVID-19 geändert?

B: COVID-19 hat einen allgemeinen Trend in der Branche zu stärker dezentralisierten Konzepten beschleunigt. Diese Konzepte sehen vor, dass sich die Teilnehmer der Studien nicht mehr unbedingt in Kliniken begeben müssen. Heute können die Teilnehmer zu Hause rekrutiert werden. Und sie können von daheim aus ihre Einverständniserklärung abgeben und ihre Daten übermitteln. All das ist möglich, ohne Studienzentren aufsuchen zu müssen.

COVID-19 hat den Trend zu stärker virtuellen Studien, der bereits zuvor zu beobachten war, verstärkt. Dies ist eine tolle Sache, denn ein stärker dezentralisiertes Konzept bedeutet größere Resilienz. Außerdem können mehr Menschen an den Studien teilnehmen und die Teilnehmer stärker eingebunden werden.

Ganz wichtig ist dabei meines Erachtens – das gilt für jede Branche oder jeden Bereich –, dass für den Erfolg nicht in erster Linie die Technologie entscheidend ist. Es geht darum, wie die Technologie eingesetzt und für Menschen konzipiert wird.

Der Benutzer, der Mensch, muss in den Mittelpunkt gestellt werden. Im Vordergrund muss dabei die Frage stehen, wie die Technologie den Beteiligten zugutekommt.

D: In welchen Ländern und Sprachen arbeiten Sie? Welche Expansionspläne verfolgen Sie?

B: Wir haben unser Produkt in ca. 30 Ländern bereitgestellt. Sprache sollte keine Barriere darstellen, wenn eine Studie für neue Patientengruppen zugänglich gemacht werden soll. Wir verfügen über Versionen in den wichtigsten europäischen Sprachen sowie in zeichenbasierten Sprachen.

Die Studien werden zudem zunehmend global. Wir haben die Plattform so entwickelt, dass sie übersetzt werden kann und im Verlauf einer Studie problemlos neue Sprachen hochgeladen und auf dem neuesten Stand gehalten werden können.

 

D: Welche Chancen hat die zunehmende Verwendung von uMotif Ihres Erachtens mit sich gebracht? Welche Vorteile würden Sie sich noch wünschen?

Es hat ein paar Veränderungen gegeben. Erstens erleben wir generell eine größere Akzeptanz für Technologie.

„Es ist definitiv eine Veränderung zu beobachten. Allmählich wird klar, dass eine papiergestützte Datenerfassung für Forschungsstudien aller Art nicht ausreicht.“

Die Fehleranfälligkeit ist groß und für die Teilnehmer kann es schwierig sein, die Daten zur richtigen Zeit einzutragen und zu erfassen.

Bei digitalen Optionen ist eine viel bessere Erfahrung möglich, zudem sind umgehend hochwertigere Daten verfügbar.

Und noch eine weitere Veränderung ist zu beobachten: Heute sind zunehmend Menschen aller Altersgruppen in der Lage, Technologie einzusetzen. Vor vielleicht sechs oder sieben Jahren mussten wir uns oft noch fragen, ob ältere Menschen fähig sein würden, die Technologie zu verwenden?

Diese Frage stellt sich heute nicht mehr. Selbst mit 80 oder 90 Jahren können Menschen heute Technologie nutzen. 

Mittlerweile kommen jedoch viele andere Fragen auf, beispielsweise in Zusammenhang mit dem Zuwachs von BYOD-Geräten (Bring-your-own-Device) als Option bei Studien.

Wir rechnen mit keiner ausschließlichen Verwendung von BYOD-Geräten für klinische Studien – wahrscheinlich werden zur Sicherheit immer einige Geräte bereitgehalten. Ein hybrides Modell scheint uns aber zukunftweisend zu sein.

So haben Patienten mehr Optionen. Den Umgang mit einem neuen Gerät zu erlernen, ist schwierig. In dieser Hinsicht kann dies eine Erleichterung bedeuten. Auch können so die Kosten für die Sponsoren der Studie gesenkt werden. Daher rechne ich mit einer starken Verlagerung zu BYOD-Geräten.

Am wichtigsten wäre es mir allerdings, dass wir uns bei der Einführung neuer Technologien und Services auf den Patienten fokussieren. Ausgangspunkt unserer Überlegungen sollte der Mensch sein. Bei der Entwicklung von Lösungen, Services und Technologien sollten wir die beteiligten Probanden und die für die Studie erforderliche Datenqualität stets im Blick behalten. So können wir sicherstellen, dass wir den Anforderungen der Studie gerecht werden und alle behördlichen Auflagen und Qualitätsanforderungen erfüllen. Darüber hinaus können wir die Teilnehmer viel stärker einbinden und ihre Belastung reduzieren.

D: Wie sehen Sie die Zukunft von uMotif?

B: Unser offensichtliches Ziel für die Zukunft sollte es sein, den Patienten ein besseres Studienerlebnis zu bieten. Dabei sollte es möglich sein, verschiedene Lösungen, Technologien und Services problemlos über ein einzelnes Gerät zu nutzen. Das möchten wir den Patienten ermöglichen, egal ob sie an einer klinischen Studie, einer praktischen Studie, einer Beobachtungsstudie, einem Zulassungsverfahren oder einem Forschungsprojekt teilnehmen.

Wir möchten den Patienten eine großartige Erfahrung bieten, ihnen das Gefühl vermitteln, wirklich ein Teilnehmer und nicht einfach nur ein Studienobjekt zu sein. Sie sollen sich wertgeschätzt und einbezogen fühlen. Dem medizinischen Fachpersonal in den Studienzentren möchten wir ein besseres Arbeiten in der Forschung ermöglichen.

Wenn wir großartige Technologie bieten können, die mit Blick auf die Menschen entwickelt wurde, werden wir einen viel größeren Einfluss auf die Zukunft der Branche haben.

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April M. Crehan
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April M. Crehan